Interessensvertretung

© Stadt Wien PID | David Bohmann

Der PVÖ-Wien im Gespräch mit Bürgermeister Dr. Michael Ludwig.

Die gestellten Fragen beziehen sich auf Anfragen von Mitgliedern, die den PVÖ-Wien seit Jahresbeginn bei verschiedenen Veranstaltungen, telefonisch oder per E-Mail erreicht haben.

Menschen, die in Pension sind, beleben die Wirtschaft nachhaltig, Sei es, dass sie ihre Wohnungen altersgerecht umbauen, sich bestimmte Unterstützungsleistungen dazu kaufen, wie Mobilität, Pflege, Verpflegung, dennoch werden sie stets nur als „Kostenfaktor“ gesehen.

Wie könnte hier die Stadt dazu beitragen, dass ein Umdenken und Paradigmen-Wechsel geschieht?

 

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Indem man die Dinge beim Namen nennt:

Jede Form von Diskriminierung hat in dieser Stadt keinen Platz. Auch Altersdiskriminierung. Und Altersdiskriminierung ist latent vorhanden, man braucht nur an den Arbeitsmarkt zu denken. Dagegen gilt es vorzugehen. Wobei ich in den letzten Jahren bereits eine Veränderung zum Positiven wahrnehme. Die vielfältige Stadt als Basis des friedlichen Zusammenlebens wird ja von manchen gerne als Sozialromantik abgewertet. Dabei ist die Multigenerationen-Stadt die eigentliche Königsdisziplin der kommunalen Verwaltung. Ich denke, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind. Dem Wiener Weg des sozialen Miteinanders. 

Ganz Österreich ist von Ralf Rangnick begeistert, wie er motiviert, wie er aus Individuen eine Mannschaft geformt und zu Höchstleistungen geführt hat. Es braucht daher erfahrene Persönlichkeiten, die vermitteln und nicht belehren. Rangnick ist jetzt 66, also schon im Pensionsalter.

Was könnte daraus in die Personalentwicklung von Unternehmen bzw. Organisationen insbesondere die Stadt Wien, als Arbeitgeber*in übernommen werden?

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Wir müssen damit aufhören, das Leben in Zäsuren zu denken.

Ja, mit 66 Jahren ist man im Pensionsalter. Aber nein, mit 66 hört man nicht auf Mensch zu sein. Im Gegenteil, da fängt das Leben an, wie schon Udo Jürgens weitsichtig prophezeit hat. Die Stadt Wien war niemals eine „Hire-and-fire“-Arbeitsgeberin, sondern hat Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets die Perspektive einer langfristigen beruflichen Entwicklung geboten. Dazu gehört auch, dass Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer ab einem gewissen Zeitpunkt aktiv zum Wissenstransfer zwischen den Altersgenerationen beitragen. Anders würde die Stadt gar nicht funktionieren. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern, zumal wir bis 2030 über 20.000 Stellen neu besetzen werden.

Das Thema Demokratie und Mitbestimmung sind wesentliche Säulen unserer Gesellschaft und wichtige Errungenschaften nach Diktaturen und Kriegen. Dennoch wendet sich ein Teil der Bevölkerung von diesem Angebot ab.

Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Motive, um sich bei Wahlen aktiv zu beteiligen, egal wie jung oder alt man(n)/frau ist?

Demokratie ist keine Selbstverständlich!

Ein Missverständnis, das es rigoros aufzuklären gilt, ist, dass Demokratie eine Selbstverständlichkeit darstellt. Das Gegenteil ist der Fall: Demokratie muss sich jeden Tag neu erarbeitet werden. Von jeder, von jedem einzelnen von uns. Es ist verführerisch zu glauben, dass es einfacher ist, wenn andere die Entscheidungen für unser Leben treffen. Doch das ist der Expressweg in die Unfreiheit. Für viele verhält es sich mit der Demokratie wie mit der Luft. Man nimmt erst wahr, wie wichtig sie ist, wenn sie besonders schlecht ist – oder nicht mehr da.

Am 15.9. wird in Wien der Equal-Pension-Day begangen. Während österreichweit der Unterschied zwischen den Pensionen Männer und Frauen bei ca. 40% liegt, ist er in Wien mit knapp unter 30% zwar am besten – doch noch nicht gut genug. Dieser Gap führt u.a. auch zur Altersarmut bei Frauen.

Welche praktischen Konzepte gegen Altersarmut bei Frauen werden in Wien dazu angedacht bzw. sind schon umgesetzt? Was kann die Stadt darüber hinaus (Kinderbetreuung ausbauen, weg von Teilzeitfalle) bewirken?

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Klares Ziel muss sein, die Lohnschere und somit die Pensionslücke zu schließen.

Frauen leisten außerdem signifikant mehr unbezahlte Arbeit, wodurch die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie schwierig wird. Das muss sich ebenfalls langfristig ändern. Erst kürzlich hatten wie einen Thementag im Frauenzentrum der Stadt Wien. Motto: „Länger beruflich aktiv! Planen Sie mit uns Ihr berufliches Weiterkommen!“ Wobei die Ausgangssituation in Wien nicht so schlecht ist wie in Gesamtösterreich, wie aktuelle Zahlen belegen: Immerhin beziehen Frauen bei uns mit durchschnittlich 1.470 Euro pro Monat österreichweit die höchsten Pensionen. Jene, die über ein geringes Einkommen verfügen, erhalten zudem finanzielle Ermäßigungen, Beihilfen und Unterstützungen. Und auch eine Verbesserung hat stattgefunden: Noch letztes Jahr hat der Equal-Pension-Day für Frauen in Wien am 13.9. stattgefunden. 2015 sogar bereits am 21.08.

Das Thema Pension neu interpretieren: Von der passiven Bedürftigkeit in eine aktive Teilnahme am sozialen Leben – Pension planen wie einen Karriereschritt.

Welche Strategien entwickeln Sie hier in der Stadtpolitik angesichts der Tatsache, dass die Menschen immer älter werden?

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Pension planen wie einen Karriereschritt, das ist ein großartiger Satz.

Diesen übernehmen wir gerne. Er erzählt eine ganz neue Geschichte, die nichts mehr mit dem Schreckgespenst Pensionsloch zu tun hat. Neben einer guten Gesundheit, ist das soziale Miteinander essentiell, um diesen Lebensabschnitt genießen zu können. Und wie bei der Gesundheitsversorgung kann die Stadt Wien dabei viel bewirken. Auch bis ins ganz, ganz hohe Alter wie das Programm „Junges Wohnen“ der Häuser zum Leben beweist: Dabei profitieren Studierende von leistbarem Wohnraum, während Pensionistinnen und Pensionisten Gesellschaft erhalten. Alles unter einem Dach, quasi.

Anfang 2024 lebten in Wien rund 2 Millionen Menschen. Damit wuchs die Einwohnerzahl um 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf einen erneuten Höchststand. 64,3 Prozent der Wiener Bevölkerung ist zwischen 20 und 64 Jahre alt, d.h. die überwiegende Mehrheit sind Menschen, die sowohl noch im Berufsleben stehen als auch schon im sogenannten Ruhestand. Knapp 17 % sind älter als 65 Jahre.

Welches Angebot bietet die Stadt, damit sich alle gut abgeholt fühlen?

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Durchmischung ist das Schlüsselwort zum Erfolg,

Und auch hierbei hat der soziale Wohnbau eine entscheidende Funktion. Kurz: Generationenwohnen, um es mit einem zweiten Schlüsselbegriff zu benennen. Das bedeutet das Zusammenleben mehrerer Altersgruppen in einem Wohnhaus, wobei dieses Konzept verschiedene Formen annehmen kann. Die Stadt Wien entwickelt laufend Wohnprojekte mit genau diesem Fokus. Großes Interesse hat beispielsweise das Projekt in der Meißauergasse 2a im 22. Bezirk hervorgerufen. Hier wurden altersgerechte Wohnungen und Wohngemeinschaften für Pensionistinnen und Pensionisten realisiert, die diesen einen längeren Verbleib sowie Betreuung in den eigenen vier Wänden ermöglichen. Gleichzeitig gibt es ein spezielles Angebot für Jüngere und Familien mit Kindern, sowie Wohngemeinschaften für Studierende und ein abwechslungsreiches Angebot an Spielgeräten.

Wie kann sich die einzelne Bürgerin bzw. der einzelne Bürger einbringen, damit diese sicher sein können, auch in Zukunft noch eine Pension zu beziehen?

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Verfolgen Sie aufmerksam, wer sich wie für Ihre langfristige Lebensplanung einsetzt

– oder gegebenenfalls Ihren Interessen zuwiderhandelt. Und wenn Wahlen anstehen, gehen Sie hin, nehmen Sie daran teil, und erinnern Sie sich abseits tagesaktueller Sympathien daran. Das wäre schon mal ein Anfang.