Korinna Schumann, Vizepräsidentin des ÖGB und Bundesfrauenvorsitzende
Interessensvertretung
Pensionen

© Reither

Österreich ist auf die Herausforderung einer alternden Gesellschaft gut vorbereitet!

Korinna Schumann, Vizepräsidentin des ÖGB und Bundesfrauenvorsitzende, im Gespräch mit Susanne Eiselt, Öffentlichkeitsarbeit PVÖ-Wien.

Ruf nach Pensionsreform: Die demografische Entwicklung - derzeit sind ca. 20% der Bevölkerung über 65 Jahre, 2034 werden es 25% sein -, zu hohe Lohnabschlüsse, sprich zu viel Lohnnebenkosten (soziale Leistungen) führen dazu, dass Wirtschaft und Industrie stets eine Pensionsreform fordern. Das heißt: später in Pension und weniger Zuschuss aus dem Budget.

Wie ist dazu die Position des ÖGB?

© BrunoPixabay

Wir lehnen ein weiteres Anheben des gesetzlichen Pensionsantrittsalters ab.

Erstens, weil es nicht notwendig ist, denn das öffentliche Pensionssystem ist sicher und finanzierbar. Das zeigt auch der jüngste "EU-Ageing-Report" – die Ausgaben steigen, bleiben aber stabil. Zweitens gehen schon jetzt vor allem viele Frauen aber auch Männer nicht aus der Erwerbstätigkeit heraus in Pension, sondern aus dem Krankenstand oder aus der Arbeitslosigkeit. Bevor die Wirtschaft also ein Anheben des Pensionsalters fordert, müssen wir über die Arbeitsbedingungen reden, da jetzt schon häufig ein Arbeiten bis zum Pensionsalter nicht möglich ist.

Kosten die Pensionen dem Staat zu viel?

Die Statistik stellt fest: jeder 4. Budget-Euro fließt in die Pensionen. Laut Industriellenvereinigung (IV) müsse der Staat bis 2050 eine Billion Euro für die Erhaltung des Pensionssystems zuschießen. Ist die Panik der Wirtschaft und der Industrie berechtigt ?

© Ludwig Schedl

EU-Ageing-Report 2024

Laut dem kürzlich veröffentlichten "EU-Ageing-Report 2024" werden die Aufwendungen für das öffentliche Pensionssystem in Österreich von 13,7 % des BIP im Jahr 2022 auf 14 % im Jahr 2070 ansteigen und somit äußerst moderat angehoben. Trotz einer erheblichen Verschiebung der Altersstruktur hin zu einer älteren Bevölkerung bleibt die langfristige Finanzierbarkeit des Systems laut diesen Daten stabil. Es ist eine Tatsache, dass in einer alternden Gesellschaft künftig mehr Mittel für die Alterssicherung bereitgestellt werden müssen. Der Bericht zeigt aber, dass Österreich auf die Herausforderung einer alternden Gesellschaft gut vorbereitet ist und unser Pensionssystem gut dasteht.

Eine zentrale Forderung des Pensionistenverband Österreichs (PVÖ) ist der Kampf gegen Altersarmut - hier speziell bei Frauen.

Durch die Teilzeitfalle und Care-Arbeit sind Frauen davon mehr betroffen. Stichwort „equal – pension-day“ (2024 am 6. August österreichweit, am 15. September in Wien). Glauben Sie, dass die Anhebung des Pensionsantrittsalters seit 2024 bei Frauen nun ein Hebel sein kann, Altersarmut zu minimieren bzw. zu verhindern?

© GerdAltmannPixabay

Nein, das ist eine Illusion.

Schon jetzt geht jede dritte Frau nicht aus der Erwerbstätigkeit heraus in Pension, sondern aus Arbeitslosigkeit oder Krankenstand. Wird an den Arbeitsbedingungen nicht geschraubt, wird sich dieser Umstand nicht verändern. Der Hauptgrund, warum Frauen im Schnitt eine niedrigere Pension als Männer beziehen, ist, weil, sie während ihres Erwerbslebens im Durchschnitt ein geringeres Erwerbseinkommen erzielen als Männer. Der Grundsatz: Für gleiche oder  gleichwertige Arbeit muss gleich bezahlt werden, das muss daher endgültig umgesetzt werden. Es muss egal sein,  ob die Arbeit von einem Mann oder einer Frau erbracht wird. Leider sieht die Realität anders aus. Die Lohnschere ist weiterhin eklatant.

Die junge Generation und ihre Einstellung zum Pensionssystem generell:

75% der 18-30-Jährigen haben Angst um die Sicherheit und Höhe ihrer Pensionen. Das ist im Kurier im April dieses Jahres nach einer Umfrage von Unique Research im Auftrag der Initiative 2050 veröffentlicht worden. - Woher kommen diese Ängste und die Bereitschaft auf private Altersvorsorge auszuweichen?

© Tania_Van_den_Berghen_auf_Pixabay

Zahlen - Daten - Fakten

Der "EU-Ageing-Report 2024" bietet eine wertvolle Grundlage zur Versachlichung der Diskussion über das öffentliche Pensionssystem. Er widerlegt die häufig geäußerte Behauptung einiger Neoliberaler, dass unser Pensionssystem auf Dauer nicht mehr finanzierbar sei und Kürzungen sowie eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters unvermeidbar wären. Von privaten Pensionsvorsorgen werden diese Ängste, dass unser öffentliches Pensionssystem nicht sicher sei, oft geschürt in der Hoffnung, dass sich dann mehr Menschen für eine private Pensionsvorsorge entscheiden und sie mehr Gewinn machen.