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Freistadt 2025

Nachtwächterwanderung in Freistadt

Nachtwächter-Rundgang durch Freistadt.
Freistadt wurde von Herzog Leopold VI. aus dem Hause Babenberg gegründet. Er stattete die Bürger mit Grund, Boden und Häusern als freies Eigentum aus. Die ersten Gebäude der Stadt waren die sogenannten Dreifensterhäuser, und bis heute besitzt nahezu jedes Haus in Freistadt einen eigenen Innenhof.
Das Freistädter Schloss wurde im Jahr 1397 fertiggestellt. Zuvor residierte der Herrscher im Salzhof, woran noch heute die Althofgasse erinnert. Nachdem das Schloss bezogen wurde, diente der Salzhof zunächst als Salzlager, später wurde er zur Musikschule umfunktioniert, und sein oberer Saal wurde für feierliche Anlässe genutzt.

Mit Hellebarde und Horn ausgerüstet, empfing uns der Nachtwächter und führte uns durch die malerisch beleuchtete Stadt. Die 90-minütige Tour bot faszinierende Einblicke in die Vergangenheit und ist exklusiv für Gruppen von bis zu 20 Personen buchbar. Gleich zu Beginn beeindruckte die Führung mit spannenden Anekdoten, etwa über die Laterne des Nachtwächters: Während sie früher kunstvoll aus Holz geschnitzt war, trägt er heute eine moderne Variante.

Früher hatte der Nachtwächter eine bedeutende Aufgabe: Jede Stunde blies er ins Horn, um den Bürgern zu signalisieren, dass keine Gefahr drohte. Zudem war er für die Alarmierung des Türmers im Brandfall verantwortlich. In Freistadt gab es zwei Türmer – einer wachte tagsüber, der andere in der Nacht. Beide hielten sich im Kirchturm auf. Die Mütze des Nachtwächters steht in Verbindung mit der Bürgergarde, die aus der ehemaligen Bürgerwehr hervorging. Aus dieser entwickelten sich später Organisationen wie die Feuerwehr und das Rote Kreuz.

Als eine der sieben landesfürstlichen Städte Oberösterreichs genoss Freistadt besondere Privilegien und wurde so zur zweitreichsten Stadt der Region. Noch heute sind Überreste der alten Befestigungsanlage sichtbar. Beim Linzertor entdecken Spaziergänger das Bild der Heiligen Katharina. Einst gab es hier eine Zugbrücke, die bei Gefahr hochgezogen wurde. Nachts wurden die Stadttore verschlossen und erst im Morgengrauen wieder geöffnet – in dieser Zeit war kein Durchgang möglich.

Im Zwingerbereich sind noch immer alte Lärchenstämme erhalten, die einst als Wasserleitungen dienten. Dazu wurden sie an beiden Enden rund fünf Zentimeter tief angebohrt und der Kern herausgezogen. Auf der Innenseite der Stadtmauer verlief der Wehrgang, auf dem sich die Freistädter im Verteidigungsfall postierten.

Die Kaufmannstradition der Stadt ist bis heute spürbar. Zeichen wie eine Brezel über einer Bäckerei oder eine Schere an einer ehemaligen Schneiderei erinnern an das alte Handwerk. Wohlhabende Handwerker konnten sich einen Erker leisten, der mit kleinen Spionfenstern ausgestattet war – so konnte das Geschehen auf der Straße unauffällig beobachtet werden.

Zum Abschluss verkündete der Nachtwächter mit den traditionellen Worten:
"Hat die Uhr elf geschlagen, ward das Feuer und das Licht, dass dem Haus kein Schad geschieht."
Mit diesen Worten signalisierte er, dass eine weitere Stunde sicher verstrichen war.
Nach der faszinierenden Führung ließen wir den Abend gemütlich im Gasthaus "Zur Jaunitz" ausklingen. Ein herzliches Dankeschön an Emilie und Helga für die ausgezeichnete Organisation!