Frauen als Pensionistinnen sind (fast) unsichtbar, obwohl man im Berufsleben die Frauenquote fordert insbesondere in Führungs- und Vorstandspositionen, aber auch Unternehmerinnen werden mittlerweile vor den Vorhang geholt.

© Sandra Tauscher
Wie kann man aus der Pensions-Blackbox aussteigen? Gespräch mit Mag. Klaudia Wurzer, Psychologin
Frauen werden laut Statistik zirka 84 Jahre alt, sie gehen meistens mit knapp 60 in Pension – (seit 2024 wird das Pensionsalter der Frauen angehoben), das heißt: Vor ihnen liegt eine Zeitspanne von 20 bis 25 Jahren.
Warum wird daher über die Zeitspanne der Frauen in Pension so wenig öffentlich diskutiert? Welchen Wert hat diese Zeit? Wie können Frauen diese Zeit auch in Selbstermächtigung und vor allem in eigener wirtschaftlicher Unabhängigkeit gestalten?
Welche Strategien gäbe es aus dieser „Pensions-Black-Box“ auszusteigen?
Über das Altern generell wird in unserer Zeit nicht gerne öffentlich diskutiert. Es ist eine Lebensphase, die gerne ins Unterbewusstsein „verdrängt“ wird. Viele Menschen wollen der Endlichkeit des Lebens nicht ins Auge blicken und wenn Sie sich Social Media anschauen, so sehen Sie dort eine Verherrlichung der ewigen Jugend und Schönheit. Es ist eine Art Realitätsflucht, die ich auch in Firmen als Unternehmensberaterin und Psychologin erlebe, dass älter werdende Menschen für Arbeitgeber als Mitarbeitende teils weniger attraktiv werden und man andererseits in den Unternehmen die kulturelle Lücke, die zur jungen Generation entsteht, immer schwerer schließen kann. Ich erlebe Geschäftsführer, die sagen, dass sie mit dem Werteverständnis der „Jungen“ wenig anfangen können.
An diesem Punkt kommt Kommunikation ins Spiel.
Erst durch die Auseinandersetzung und Annäherung von Jung und Alt kann gegenseitiges Verstehen, Wertschätzung, voneinander Lernen entstehen, können Vorurteile abgebaut werden. Es ist ein Grundbedürfnis des Menschen, gesehen und gebraucht zu werden, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, sich einzubringen: auch im Alter! Genau hier sehe ich die Chancen für die Zukunft: das Erfahrene weiterzugeben, Mentor:in für andere zu werden, Wegbegleiter:in.
Es gibt so viele Bereiche, wo Erfahrung - und ich meine damit nicht nur berufliche, sondern auch Lebenserfahrung - zu einem kostbaren Schatz für andere wird: als Coach beispielsweise wird man mit den Jahren immer besser, weil erfahrener. Alleine diese Tätigkeit kennt keine Pension, hat kein Ablaufdatum. Ganz im Gegenteil, Studien zeigen, dass der Bedarf an Coaches in den kommenden Jahren rasant steigt.

Auch die Lebensphase Pension braucht Ziele:
was man lernen, erfahren, weitergeben, bewirken möchte, was eine sinnstiftende Tages- und Lebensgestaltung ist. Gerade die Pension bietet nochmals eine ganz neue Dimension der schöpferischen Lebensgestaltung, weil viele Verpflichtungen wegfallen. Proaktiv, sinnstiftend und lustvoll das Leben nach den eigenen Werten zu gestalten, sollte die Devise für den Lebensabend sein und sich einbringen: in Kultur, Gesellschaft, Politik, Familie.
Damit die Pension allerdings auch wirklich Lebensgestaltungsmöglichkeiten bieten kann ohne existenziellen Druck, ist es notwendig, dass speziell Frauen viel früher lernen, sich mit dem Thema finanzielle Unabhängigkeit auseinandersetzen. Ich erlebe in der Therapie und im Coaching Frauen, die - was das Thema Geld betrifft - kurz vor der Pension erschrocken aufwachen, weil sie merken, dass es in der Pension finanziell eng wird. Dieses Thema ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass Frauen nicht nur viel weniger Lohn erhalten, sondern dass sie so viel unbezahlte Mehrarbeit leisten. Erst wenn Frauen für die Betreuung der Kinder, Hausarbeit, etc. bezahlt werden, können wir von Fairness sprechen. Während Covid wurden alle möglichen Berufsgruppen beklatscht – nur eine nicht: die Mütter, die im Homeoffice ihren Beruf managten, die Familie bekochten, den Haushalt schupften und die Kinder beschulten. Das zeigte, wo wir hier als Gesellschaft bewusstseinsmäßig noch stehen. Speziell wir Frauen werden von Kindesbeinen an nicht dazu erzogen, „Geld zu machen“. Geldverdienen ist für viele noch eine Männerdomäne. Diese alten Überzeugungen fallen den Frauen später auf den Kopf.. Damit Frauen finanziell unabhängig werden können, müssen sie drei Bereiche beherrschen lernen: die Kraft, Geld zu verdienen, es zu behalten und zu vermehren. Auch dafür könnte es Mentoring geben: von Frauen, die „Geld können“ für Frauen, die „Geld lernen möchten“. Sie sehen, es gibt für die Lebensspanne Pension genügend Möglichkeiten, sich wirksam einzubringen.
Mag. Klaudia Wurzer ist Psychologin, Psychotherapeutin, Unternehmensberaterin, Coach und Gründerin von POWER 4 SUCCESS e.U.
Das Interview führte Dr. Susanne Eiselt, Öffentlichkeitsarbeit, PVÖ-Wien. susanne.eiselt(at)pvoe.at
Susanne Eiselt