Interessensvertretung
Pensionen

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Verteilung von unten nach oben - Georg Kovarik erklärt

Georg Kovarik, Neopensionist und bis vor Kurzem Leiter der Abteilung Volkswirtschaft im ÖGB, gilt als profunder Kenner der österreichischen Volkswirtschaft. Im Gespräch mit der UG – Unsere Generation hat er interessant Aspekte aufgezeigt.

Wie wird sich die Teuerung weiterentwickeln?

2021 hatten wir eine Inflationsrate in der Höhe von 2,8%. Den aktuellen Prognosen zur Folge stehen dem für 2022 ein Wert von 8,3% und 2023 ein Wert von 6,5% gegenüber.

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Das bedeutet, dass die Pensionserhöhung, die die Bundesregierung präsentiert hat, nur als „schlechter Scherz“ zu interpretieren ist. Die Segmente Energie, Wohnen und Ernährung inklusive der alkoholfreien Getränke sind am stärksten davon betroffen. Basierend auf den Angaben von Statistik Austria wird schnell klar, dass 10% der Familien mit dem kleinsten Budget, für diese Ausgaben den Großteil davon – nämlich 62,5% fix – benötigen, wohingegen und 10% der Familien mit dem größten Budget nur ungefähr ein Viertel davon aufwenden müssen.

Seit geraumer Zeit steigen bekanntlich auch im Unternehmenssektordie Erzeugerpreise aufgrund von teureren Vorleistungsgütern. Es ist also logisch, dass alles teurer wird?

Ja und nein. In der Vergangenheit haben sich diese Erhöhungen im Durchschnitt zeitverzögert mit 3-4 Monate zu 40% in Konsumentenpreise übertragen. Die Frage ist aber dann immer, was die Regierung tun wird, um diesen Rekordanstieg nicht in vollem Umfang an die Konsument*innen weiterzugeben. Instrumente dazu gäbe es ja ausreichend, wie beispielsweise den gesetzlich verankerten §5a des Preisgesetzes zur Preisregulierung. Demnach obliegt es dem/der Bundesminister*in für wirtschaftliche Angelegenheiten von Amts wegen zu untersuchen, ob der geforderte Preis auf eine ungerechtfertigte Preispolitik zurückzuführen ist, und hat nach dieser Untersuchung für die Dauer von 6 Monaten einen Höchstpreis zu bestimmen. Das ist gewissermaßen die große Rute, die man den Unternehmen ins Fenster stellen kann.

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Leider ist es aktuell aber so, dass seitens des Wirtschaftsministeriums von Haus aus die Aussage kam, dass man dieses Instrument nicht nützen werde. Das ist ungefähr so, wenn ein Gewerkschafter bei Lohnverhandlungen seinem Chef sagt ,Aber streiten tun wir nicht. Wir nehmen das, was kommt´.

Leider sei aber genau das passiert, was Treibstoff- und Energiekosten betrifft. Auch dürfe man diesen Umstand auch keinesfalls auf die Ukraine-Krise zurückführen. Denn bereits im Oktober 2021 hat die EU-Kommission vor steigenden Gas- und Strompreisen gewarnt und zahlreiche Vorschläge für Gegenmaßnahmen und Hilfeleistungen eingebracht.

Ein vorausschauendes und bedachtes Handeln seitens der Bundesregierung blieb leider aus – was jetzt stattfindet, ist nur mit dem Löschen von Bränden zu vergleichen.

Wer ist nun am meisten betroffen?

Die klaren Verlierer*innen der Inflation sind die Pensionist*innen (!), gefolgt von den Arbeitnehmer*innen, die sich die Teuerung erst ab der nächsten Lohnrunde abholen können, Arbeitslosengeldbezieher*innen, Sozialleistungsbezieher*innen und den Sparer*innen.

Wie könnte man dieser Situation konkret jetzt entgegenwirken?

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Zufallsgewinne abschöpfen. Einige Konzerne machen aufgrund der aktuellen Lage unüblich hohe Gewinne. Die internationale Energieagentur geht von einem Potential von 200 Milliarden Euro an Zufallsgewinnen in der EU im Jahr 2022 aus. Das ist soviel wie die Wirtschaftsleistung in Österreich für ein halbes Jahr. Diese Gewinne müssen abgeschöpft werden damit sie der Allgemeinheit zugutekommen können. Andere Länder machen es bereits vor: Griechenland, Italien, Spanien, Rumänien.

Strompreise nachhaltig senken. Aktuell wirken teure Gaskraftwerke als Preissetzer auf den Strommärkten. Mithilfe der Einführung eines Gaspreisdeckels für Kraftwerke kann der Strompreis für alle Verbraucher*innen deutlich reduziert werden.

Dass diese Forderungen, der Pensionist*innen und Arbeitnehmer*innen gerechtfertigt sind, wird klar, wenn man sich die Steuereinnahmen von 2022 laut einer Prognose des Fiskalrats ansieht:

Wenn man diese Zahlen betrachtet, stellt sich die Frage, ob das mit den ursprünglich präsentierten Prognosen der Regierung noch übereinstimmt?

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Laut einer Analyse des Budgetdienstes des Parlaments ergibt sich, dass Wohlhabende am meisten profitieren, die positiven Effekte niedriger sein dürften als in der Kostenschätzung angenommen, allfällige in den nächsten Jahren beschlossene Gegenfinanzierungsmaßnahmen den positiven Konjunktureffekt dämpfen werden und nur 16 Prozent des Pakets Einkommensschwachen zugutekommen. Die Vermögensverteilung ist unausgewogen, denn die vermögensstärksten 10% besitzen fast 62% des Reichtums und die einkommensstärksten 10% erhalten knapp 22% der Einkommen.

Wie sehr belasten die Pensionen tatsächlich das Budget?

Also dazu gibt es Gutachten der Alterssicherungskommission des Parlaments. In einem Langzeitgutachten wurde ermittelt, dass 5,8% des BIP im Jahr 2070 für Pensionen aus der Pensionsversicherung aufgewendet werden. Dazu kommen 0,7 % für Pensionen für Beamte, womit sich ein Gesamtanteil von 6,5% ergeben wird. Ergänzend möchte ich auch noch hinzufügen, dass der Staat (also wir alle) zur Pension von Arbeitnehmer*innen 13%, zur Pension von Selbständigen 51% und zur Pension von Bauern 77% zuzahlen. Also auch hier wird ersichtlich, dass wir alle die Pensionen von Selbständigen und Bauern wesentlich mehr stützen als die Pensionen der Arbeitnehmer*innen.

Sie haben Fragen zu diesem wichtigen Thema? – Schreiben Sie uns: pvoe-wien(at)pvoe.at